In Kooperation mit dem Zukunftsinstitut

Das Co-Prinzip: Vom Silo-Denken zu neuen Partnerschaften

 

Kronberg i.Ts., 2020

Um in Zukunft erfolgreich zu sein, müssen sich Unternehmen endgültig vom Silo-Denken verabschieden. Konkurrenz ist und bleibt auch nach der Coronakrise wichtig – aber um künftig noch krisenresilienter zu sein, ist die Etablierung einer kollaborativen Kultur notwendig.

 

Vorsprung durch Zusammenarbeit

Der Ausbau von zielgerichteten Kooperationen ist die Antwort der Wirtschaft auf die schnelllebige und vernetzte Welt von heute, in der Flexibilität und Anpassungsfähigkeit wichtiger geworden sind als höchste Effizienz und maximaler Profit. Wer heute noch alleine wirtschaftet, verpasst häufig nicht nur den Anschluss, sondern ist vor allem auch in Krisenzeiten weniger in der Lage, neuen Situationen mit kreativen Alternativlösungen zu begegnen. Denn durch die Arbeit an gemeinsamen Fragestellungen oder durch bewusstes Austauschen von Informationen und Erfahrungen entstehen oft bessere Ergebnisse, als wenn klassisch nebeneinander in Konkurrenz gewirtschaftet wird. Der wirtschaftliche Nutzen von Teamarbeit ist sogar belegt: Unternehmen, die Zusammenarbeit aktiv fördern, sind bis zu 5,5 Mal leistungsfähiger, so das Institute for Corporate Productivity (Samdahl 2017). Dabei hat sich in der Coronakrise gezeigt, dass auch der lokale Faktor in Zukunft stärker mitgedacht werden muss: Regionale Netzwerke und Lieferketten sind besonders attraktiv für Unternehmen, weil sie darauf unmittelbarer zugreifen können als auf globale Partner.

 

Bei klassischen Kooperationen sind klare Zuständigkeiten vordefiniert und Teilaufgaben voneinander abgegrenzt. Diese Form der Zusammenarbeit lässt sich aber auch intensivieren: Bei kollaborativem Arbeiten steht – im Gegensatz zur Kooperation – nicht nur das Erreichen eines gemeinsamen Ziels im Vordergrund, sondern der gesamte Prozess des Zusammenarbeitens. Der Vorteil: Durch die verflochtenere Arbeit in Teams entstehen Räume, in denen Kreativität und Informationen frei fließen können und sich innovative Ideen leichter entwickeln lassen als allein und innerhalb der starren Grenzen eines einzelnen Unternehmens. Gemeinsam werden Entscheidungen getroffen, Herausforderungen gelöst und der Outcome reflektiert und überprüft.

 


Koopetition statt Konkurrenzkampf

Kooperationen und Kollaborationen ermöglichen es, gemeinsam eine bessere Lösung oder ein innovativeres Produkt auf den Markt zu bringen als im Alleingang. Meist arbeiten dabei vor allem Unternehmen zusammen, die sich in ihren Arbeitsgebieten sinnvoll ergänzen und damit ihre Kompetenzen erweitern können. Aber auch Unternehmen, die in direkter Konkurrenz zueinanderstehen, können durch das Zusammenspiel von Kooperation und Kompetition zeitweise ihre Kräfte bündeln statt sich im Konkurrenzkampf aufzureiben: Koopetition bezeichnet jene Art von Beziehung, bei der Wettbewerber kooperieren, um beispielsweise eine Krise durchzustehen und dabei Wettbewerbsvorteile für beide Anbieter zu erlangen, während sie von einem ruinösen Preiskampf verschont bleiben.

 

So schlossen sich in der Coronakrise lokale Händler und Unternehmen branchenübergreifend zusammen, um sich gegenseitig zu unterstützen und von den unterschiedlichen Stärken gemeinsam zu profitieren. Online-Plattformen boten ihr Know-how kostenlos an, um kleinen Unternehmen und Selbstständigen den Weg in die digitale Welt zu ebnen. Was sich bereits vor der Krise abzeichnete, wurde während der Krise mehr als deutlich: Die gemeinsame Arbeit Seite an Seite wurde zum entscheidenden Faktor für das Überleben von Handelsunternehmen (Zukunftsinstitut 2020).

 

Beliebt wurden bereits in den letzten Jahren auch Koopetitions-Konstellationen zwischen Start-ups und großen, etablierten Konzernen: Start-ups gelten als innovations- und risikofreudig, flexibel und agil, aber es fehlt ihnen oft an Ressourcen, Erfahrung und Wissen. Konzerne haben die nötigen Ressourcen und Infrastrukturen und können deshalb effizient arbeiten – aber es fehlt ihnen durch starre Strukturen und Hierarchien oft an Innovationskraft, Kreativität und Schnelligkeit. Auch dann, wenn sie um denselben Markt konkurrieren, können sie von dieser Verschiedenartigkeit profitieren: Während es für neue und kleine Unternehmen wichtig sein kann, durch die Zusammenarbeit mit einem großen Player Zugang zu dessen Märkten zu erlangen, funktioniert die Rechnung auch umgekehrt: Vor allem im Tech-Bereich genießen hochspezialisierte Start-ups oft hohes Ansehen bei technologieaffinen, stark segmentierten Zielgruppen, bei denen Big Player mit ihrer Mainstream-Strategie auf wenig Resonanz stoßen.

 

Gutes Management ist entscheidend

Essenziell für eine erfolgreiche Zusammenarbeit jeglicher Form ist dabei vor allem ein ähnliches Mindset zwischen den Partnern, gemeinsame Ziele und gut organisierte Kommunikationskanäle, in denen Informationen und Wissen in beide Richtungen gleichermaßen fließen können. Sind diese Grundvoraussetzungen gegeben, die Rollenverständnisse klar definiert und voneinander abgegrenzt, vermeidet man Macht-Ungleichgewichte und Enttäuschungen. Das erfordert wiederum ein gutes Kooperationsmanagement, das die in der Regel unterschiedlichen Interessen der Partner koordiniert und den gesamten Prozess von Zielsetzung über Partnerselektion, Konditionsverhandlungen und laufende Geschäftsbeziehungen bis hin zum Beenden der Kooperation regelt. So zeigt eine Umfrage des Austrian Institute of Technology, dass neben den unterschiedlichen Geschwindigkeiten der Kooperationspartner in der Umsetzung neuer Ideen vor allem mangelnde Flexibilität, unterschiedliche Unternehmenskulturen und nicht-kompatible Unternehmensprozesse zu Problemen in der Kooperation führen (Austrian Institute of Technology 2018).

 

Wer es aber schafft, diese Differenzen zu überwinden und eine gemeinsame Schnittmenge an Werten zu nutzen, profitiert langfristig von neuen Denk- und Arbeitsansätzen, die durch interdisziplinäre Zusammenarbeit entstehen. Neue Lösungen für einen breiten Markt finden sich weniger alleine, sondern vor allem branchenübergreifend und durch das Zusammenbringen unterschiedlicher Perspektiven: Die sich vor allem durch Digitalisierung und Automatisierung immer schneller verändernden Herausforderungen lassen sich nur in einer kollaborativen Kultur meistern, in der auch alle Beteiligten voneinander lernen können.

 

Erfolgskonzept Public Private Partnership

Ein etabliertes Beispiel für eine gelungene Kooperation ist der Mobilitätsservice moovel der Daimler AG. Mit der Bündelung verschiedener Mobilitätsdienste wie dem Carsharing-Unternehmen car2go, der Taxi-App mytaxi oder der E-Scooter-Plattform Tier bietet die App moovel eine One-Stop-Shopping-Solution für die Fortbewegung. Durch Partnerschaften mit deutschen Städten und deren ÖPNV-Anbietern gestaltet moovel die urbane Mobilität neu: Die Daimler-Tochter verkauft nicht nur Mobilitätsdienstleistungen, sondern positioniert diese gezielt im urbanen Mobilitätsökosystem und setzt so Marktstandards für künftige Entwicklungen im Sinne einer Smart City. Mittlerweile ist moovel Teil des gemeinsamen Mobilitätsdienstangebots von Daimler und BMW. Das Public-Private-Partnership-Modell zeigt: Besonders im technologisch geprägten Mobilitätsmarkt ist Erfolg nicht mehr von Einzelkämpfern, sondern von intelligenten Kooperationen abhängig.

 

Literatur

Austrian Institute of Technology/AustrianStartups/Wirtschaftsuniversität Wien (2018): Austrian Startup Monitor, 2018. Wien

Samdahl, Erik (2017): Top Employers are 5.5X more likely to reward collaboration. In: i4cp.com, 16.9.2019

Zukunftsinstitut (Hg.) (2018): Next Growth. Wachstum neu denken. Frankfurt am Main

Zukunftsinstitut (Hg.) (2019): Retail Report 2020. Frankfurt am Main

Zukunftsinstitut (Hg.) (2020): Die Welt nach Corona. Business, Märkte, Lebenswelten – was sich ändern wird. Frankfurt am Main